Wüstung: 1751 gab es „zu Thalhausen” keine Häuser (Ausschnitt Außfeldkarte)
Bild: Johann Georg Raisch, Quelle: HStA Stuttgart

Ruine der Schlüsselburg

„Schlisselburg Ruedra” 1797
Quelle: Stadtarchiv MG

Talhausen auf der Flurkarte von 1832, Bl. NO 3901
Quelle: StA Ludwigsburg

Talhausen um 1930

Talhausen um 1930 vom Schlüsselberg
Bild: Hermann Roemer

Schlüsselberg

Schlüsselberg von Talhausen
Bild: Peter Fendrich


Galerien:
Talhausen bis 1945
Talhausen nach 1945

Talhausen:

Wiederbelebte Wüstung

Wann und von wem Talhausen vermutlich im Hochmittelalter gegründet wurde, liegt im Dunkeln. Möglicherweise ist der Ort als Burgweiler der Schlüsselburg entstanden, dem Namen nach als Pendant zu einem oben auf der Sankt-Johännser Allmende gelegenen Weiler, von dem nur die Sankt-Johann-Kapelle bis ins 16. Jahrhundert überdauerte.
1304 wurde Talhausen und einer seiner Bewohner, „dicta Kubelin antiqua de Dalhusen“  (genannt der alte Kübelin von Talhausen), im Urbar des Esslinger Katharinenspitals erstmals urkundlich erwähnt. 1340 wurden Weinberge aufgeführt, die der Grüninger Pleban Conradus „in villa Talenhusen“ besessen hatte
.

Als die Grüninger Bürger 1396 ihrem württembergischen Landesherrn jeder persönlich ewige Treue schwören mussten, wurden in ihrem „Urfehde-Brief“ auch „die von Dalnhusen“ mit aufgeführt, die bereits Württemberger Untertanen waren: Des Ersten der Cuntzler, Ruff Strowelin, der Güß, Haintz Strölin, Hainrich Blaufus, Kunzlins Do[c]hterman, Der Holzappel, Haintz Schauf, Cuntzlin Rudger und Haintz Vogel. Der wohl von hier stammende Bentz von Dalnhusen steht unter den Grüninger Bürgern. Zehn Haushaltsvorstände lassen auf 60 bis 70 württembergische Einwohner schließen, deren Gemeinde offenbar von Grüningen aus verwaltet wurde. Über die Anzahl der bis 1399 Klingenbergischen Untertanen ist nichts überliefert. 1399 veräußerten Anna von Klingenberg und ihr Mann Rudolf Kamrer Besitz in Talhausen und Tamm gegen ein Leibgeding an den Grafen Eberhard III. von Württemberg. Der Besitz könnte von den Herren von Sachsenheim stammen, denn Annas Mutter war Anna von Sachsenheim, verheiratet mit Konrad von Klingenberg. Ein wesentlicher Teil ihrer Güter in Talhausen war dem Namen nach einst im Besitz der „Herren von Rietpur(g)“. Die „Rietpur Hub“ umfasste 28 Morgen (etwa 110 Ar) Acker in drei Zelgen und eine Wiese von drei Morgen (etwa 12 Ar). Ob Anna von Klingenberg auch Anteile an der Schlüsselburg hatte, ist nicht überliefert.

Aus einem Zins-Gültenregister von 1424 ist zu entnehmen, dass der seit 1399 komplett württembergische Weiler einen Schultheiß hatte, obwohl nur sieben Bürger für sechs Häuser Abgaben leisten mussten. Die Sankt-Johann-Kapelle war damals noch mit einem Kaplan besetzt. Im Zuge der Kirchenreform Herzog Christophs von 1559 wurde die Kapelle zum Abbruch freigegeben. 1380 als „Äußere Burg” erwähnt, war die in einer württembergischen Bestandsaufnahme von 1536 erstmals als Schlüsselburg bezeichnete Burg bereits eine Ruine. Während 1797 offenbar noch Gebäudereste sichtbar waren (siehe Bildausschnitt), konnte Karl Eduard Paulus 1859 nur noch den Burggraben nachvollziehen.

1665 erscheint Talhausen nicht mehr im Landbuch. Deshalb wird angenommen, dass Talhausen im Dreißigjährigen Krieg von marodierenden Soldaten heimgesucht wurde und wüst gefallen ist. Hinter die Mauern Markgröningens flüchtende Bewohner fanden allerdings auch hier keinen dauerhaften Schutz, weil die auf sich allein gestellte Stadt den kaiserlichen Truppen nichts entgegenzusetzen hatte. Durch deren Übergriffe, Hungersnot und Pest verlor die Stadt einen Großteil ihrer Einwohner.

In der „Aussfeldkarte“ von 1752, die zur Rekultivierung der überwiegend verwahrlosten Markungsteile westlich der Glems aufgenommen wurde, ist Talhausen noch als Wüstung verzeichnet. Ab 1770 erfolgte die Wiederbesiedlung des „Thalhäuser Hofs”, des Aichholzhofs und die Gründung des Schönbühlhofs sowie eines Weilers beim Pulverdinger Hof. Im Jahre 1831 wurden im Königlich-Württembergischen Hof- und Staatshandbuch 32 Einwohner in Talhausen gezählt. Der Weiler bestand damals aus lediglich fünf Gehöften am Bergweg. Die Wegestruktur auf der Urflurkarte von 1832 zeugt von einst größerer Ausdehnung beidseits der Glems. Die Verbindung nach Markgröningen über die „Vordere Steige“ bzw. „Gröninger Staig“ verlief damals noch in einem offenbar mehrfach verlegten Hohlweg, was anhand von mehr oder weniger tiefen Furchen in der Heide südlich der Schlüsselburg heute noch nachvollzogen werden kann. Nördlich des Schlüsselbergs blieb die „Hintere Steige“ bzw. „Hinterstaig” erhalten.

In der Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg von 1859 wird der „eine halbe Stunde nordwestlich von Markgröningen auf einem mäßig geneigten Ausläufer an den linken Thalhängen gegen die Glems“ gelegene „Weiler Thalhausen“ kurz beschrieben: „Der nicht unfreundliche, hinter Obstbäumen versteckte Ort erhält sein Trinkwasser aus zwei nie versiegenden Pumpbrunnen. Die im Allgemeinen fleißigen, übrigens nur mittelbegüterten Einwohner beschäftigen sich ausschließlich mit der Landwirtschaft, die insoferne etwas schwierig zu betreiben ist, als die meisten Güter auf der Anhöhe und zum Theil ziemlich entfernt vom Ort liegen.“ Dabei blieb außer Acht, dass derzeit in Talhausen eine mit Wasserkraft angetriebene Hammerschmiede und fünf Minuten flussaufwärts eine Papiermühle, vormals eine Pulvermühle, betrieben wurden.

Schmiedemeister David Heller erbaute 1840 eine Hammerschmiede in Talhausen. Sie lag an einem 80 Meter langen, rechts von der Glems abgezweigten Kanal und wurde zuerst von einem, später von zwei unterschlächtigen Wasserrädern angetrieben. Um 1880 richtete Johann Keuerleber hier eine Maschinen- und Werkzeugfabrik ein. Sie besaß ein fünf Meter hohes und 1,21 Meter breites mittelschlächtiges Zellenrad, das 1908 durch eine Francis-Turbine ersetzt wurde. Zu Beginn der Industrialisierung produzierte die Fabrik Bohrmaschinen, dann auch Wagenspindeln für Handwagen und Metallschleifen für Telegrafenmasten. Die Produkte wurden mit dem Handwagen zum Bahnhof gefahren. 1958 gab man die Produktionsstätte auf und verlegte den Betrieb nach Markgröningen. 1961 legte Manfred Benseler hier den Grundstein für die inzwischen international aktive Benseler-Firmengruppe. Später wurde der Mühlkanal verfüllt und das Wehr beseitigt.

1969 wurde auch die seit 1788 bestehende und zweimal abgebrannte Papiermühle oberhalb Talhausens geschlossen, 1971 der Mühlkanal verfüllt und das Fabrikgebäude abgebrochen. Zwei Wohnhäuser blieben erhalten.

Ab 1974 hat der 1971 gegründete „Abwasserzweckverband Gruppenklärwerk Talhausen” die Kläranlage unterhalb Talhausens und die Sammler für die beteiligten Kommunen erbaut und 1980 in Betrieb genommen. Diesem Zweckverband gehören die Gemeinden Eberdingen (für Hochdorf), Hemmingen, Korntal-Münchingen (für Münchingen), Schwieberdingen und Markgröningen an. 1994 wurde das Klärwerk erweitert und modernisiert.

Seit den 1980er Jahren wurden mehr und mehr Weinberge am Talhäuser Berg und am Hosenberg aufgegeben. Heute werden nur noch wenige bewirtschaftet. Die Gaststätte Elser wurde geschlossen und jüngst auch die Besenwirtschaft auf dem Gelände der Hammerschmiede aufgegeben.

Talhausen vom Schlüsselberg gesehen
Bild: Erdna1988, Wikimedia

Talhausen um 1960

Talhausen um 1960 vom Schlüsselberg
Bild: Eduard Haidle

Talhausen um 1958

Talhausen und Talhäuser Berg um 1960 von Süden
Bild: Eduard Haidle

Allmende St. Johann

Allmende bei der ehemaligen Sankt-Johann-Kapelle, vermutlich eine Wüstung
Bild: Peter Fendrich

Vordere Steige

Hohlwegrelikte der Vorderen oder Gröninger Steige
Bild: Peter Fendrich

Glemstal

Schlüsselberg und Glemstal 1935 von Norden
Quelle: Elsbeth Sieb

Klärwerk Talhausen

Gruppenklärwerk Talhausen 1979 von Norden
Bild: Helmut Hermann