![]() |
||||
Zur Entlassung nach dem ersten Weltkrieg für Ulan Dürr aus Markgröningen Bild: Verlag A. Wolf, Quelle: Heinz Dürr Stadtwappen um 1925 Karl August Schmalzried, Schultheiß (1890 bis 1925) Schultheiß Heinrich Zillhardt (1925-1933) Bürgermeister Ludwig Krinn (1934-1944) Wappner des Marktbrunnens ab 1930 mit Schwert Früh übt sich … Schmidscher Laden in der Adolf-Hitler-Str. 1, heute Bahnhofstraße Literatur Quelle |
Stadtgeschichte von 1919 bis 1945: Weimarer Republik und Nazi-Regime Krisen im freien Voksstaat Württemberg Neben Liederkranz, Krieger- und Turnverein etablierten sich nach dem ersten Weltkrieg etliche neue Vereine wie der Fußballverein, der Arbeiter-Sportverein und der Vorwärts, der Athletiksportverein, der Radfahrerverein, der CVJM, der Handharmonika-Club oder der Musikverein. 1925 trat erstmals der nach Rothenburger Vorbild und großteils aus Mitgliedern des TVM zusammengestellte Schäfertanz auf. In den Notzeiten nach dem Ersten Weltkrieg musste die klamme Stadt erst das „Kinderschüle“ und 1922 sogar die 1354 erstmals erwähnte Lateinschule schließen. Getrieben von der grassierenden Inflation schaffte man 1923 schließlich die Stelle des Hospitalverwalters ab, um Vermögen und Wirtschaftsbetrieb des seit 1552 autonom verwalteten Heilig-Geist-Spitals dem städtischen Haushalt zuzuführen. 1925 ging der langjährige Stadtschultheiß Karl-August Schmalzried in den Ruhestand. Im November wurde der vormalige Spitalverwalter und Stadtpfleger Heinrich Zillhardt zum Nachfolger gewählt. Von 1444 Wahlberechtigten stimmten 1264 für Zillhardt und 166 für die drei anderen Kandidaten. In der Nacht zum 22. August 1927 brannten sechs Häuser und Scheuern beim Saitenbrunnen in der unteren Wettegasse ab. Ein weiteres Ausgreifen des Großbrands war nur mit Hilfe auswärtiger Feuerwehren zu verhindern. Obdachlose Bewohner wurden vorläufig im Spital untergebracht. Der Brandstifter konnte nicht ermittelt werden. Kurz darauf sahen sich viele mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise konfrontiert. Dennoch wurde 1930 das Rathaus aufwendig renoviert. Dabei ersetzte man das zentrale Doppelportal durch ein nach links versetztes breiteres Portal und baute den Balkon darüber ab. Der Stab des Wappners auf dem Marktbrunnen wurde durch ein Schwert ersetzt, was im Nachhinein wie ein Fanal erscheint. Zumal man das Schwert 1945 vor der Übergabe der Stadt im Brunnen versenkte. Nach der „Machtergreifung” Die Bahnhofstraße wurde in „Adolf-Hitler-Straße“, die Helenen- in „Hindenburgstraße“, die Paulinen- in „Otto-Mergenthaler-Straße” und die Karlstraße nach dem Gauleiter Wilhelm Murr umbenannt. Der Schäferlauf bekam einen „völkischen“ Charakter. 1936 wurde die vom Markgröninger Verlag Koloman Renczes herausgegebene und gedruckte Markgröninger Zeitung eingestellt und die Ludwigsburger Zeitung zum alleinigen Amtsblatt sämtlicher Behörden und zum „Verkündigungsblatt der NSDAP“ bestimmt. 1938 wurde das Oberamt zum „Kreis Ludwigsburg“ und dabei um den Großteil der Oberämter Besigheim und Marbach sowie um Gemeinden der neuen Kreise Waiblingen und Vaihingen, darunter Unterriexingen, erweitert. Dem sozialistischen Touristenverein Die Naturfreunde wurde sein 1913 bis 1919 erbautes Naturfreundehaus über dem Leudelsbachtal abgenommen und zum Müttergenesungsheim umgewandelt. Am rechten Enzhang entlang und im unteren Glemstal ließ das Oberste Heereskommando ab 1935 eine Kette von Bunkern mit Gefechtsständen und Armierungsschuppen für die Neckar-Enz-Stellung aufbauen. Während des Zweiten Weltkriegs In den letzten Kriegsjahren kamen viele notleidende Stuttgarter nach Markgröningen, um Wertgegenstände gegen Lebensmittel einzutauschen oder sich von ihrer Verwandtschaft „durchfüttern” zu lassen. Vom Luftkrieg blieb Markgröningen weitgehend verschont und verzeichnete nur wenige Bombentreffer, deren Druckwellen allerdings etliche Dächer und Fensterscheiben in Mitleidenschaft zogen. Am 13. März 1945 stoppten französische Jagdflieger jedoch den ausfahrenden Feierabend-Zug mittels eines Bombenabwurfs vor die Lok und beschossen mehrfach die vollbesetzten Waggons mit ihren Bordkanonen. Es gab 24 Tote, darunter das vierköpfige Zugpersonal, und rund 50 Verletzte: vor allem Beschäftigte der nach Markgröningen ausgelagerten Produktionsstätten der Firmen Krone und Porsche sowie einige russische Kriegsgefangene und eine Markgröninger Bürgerin. Der Artilleriebeschuss der Stadt durch heranrückende französische Bodentruppen hielt sich hingegen in Grenzen, weil sie trotz der Neckar-Enz-Stellung letztlich nicht verteidigt wurde. Am 20. April 1945 zogen morgens „die letzten deutschen Kolonnen in geordnetem Marsch … den Graben herauf in Richtung Stuttgart”, weil die Amerikaner im Osten der Neckar-Enz-Stellung nach Süden vorrückten und damit eine Einkesselung drohte. Ein vermeintlich fahnenflüchtiger Soldat wurde oberhalb der Papiermühle erhängt. Zuvor waren an der Hangkante des Glemstals noch Stellungen eingerichtet, improvisierte Panzersperren an der Steige und vor dem Oberen Tor angelegt und die Brücken über die Glems und den Leudelsbach gesprengt worden. Kurz vor Ankunft der Franzosen wurde auch die jüngere Gruppe des „Volkssturms“ nach Südosten abkommandiert. Die verbliebene ältere Gruppe löste sich auf, nachdem sich NS-Ortsgruppenleiter Wilhelm Schmückle mit seinem Anhang aus dem Staub gemacht hatte. Ohne Uniform gelang es einigen der jüngeren Volkssturm-Rekruten, sich bei Schorndorf abzusetzen und sich nach Markgröningen durchzuschlagen. In entgegengesetzter Richtung war Ortsgruppenleiter Schmückle unterwegs. Er wurde auf der Flucht in Zivil gefasst und auf dem Asperg inhaftiert. Der eigenwillige Umgang der damals noch zahlreichen Bauern mit den Vorschriften des vom „Reichsnährstand“ zumeist begrüßten NS-Regimes sollte sich zum Kriegsende für die Stadt auszahlen: Weil sie die ihnen zugeteilten französischen Kriegsgefangenen weit mehr als erlaubt ins Familienleben integriert und gut behandelt hatten, setzten sich diese im Gegenzug dafür ein, dass die am 21. April 1945 in Markgröningen einrückenden französischen Truppen vergleichsweise schonend mit der Bevölkerung umgingen. Geplündert wurde nur in der Landarmenanstalt und in einem Kaufhaus. Eingezogen wurden Kraftfahrzeuge, Mopeds, Fahrräder, Volksempfänger, elektrische Geräte und Waffen. Abrückende französische Kriegsgefangene mussten von ihren Arbeitgebern mit „bestem Zivil” ausgestattet werden. Aufgrund ihrer Fürsprache wurde der Arzt Dr. Karl Umbach zum Bürgermeister ernannt. Im Schloss und in den moderneren Häusern an der Schillerstraße bezogen die Besatzungstruppen Quartier. Am 15. Juli 1945 lösten „Amis“ die „feierfreudigen“ Franzosen ab und verhinderten Plünderungen zu deren Abschied. Als erste Kommune im Land aberkannte die Stadt am 31. Juli 1945 Adolf Hitler die einst obligatorische Ehrenbürgerwürde. Bei Kriegseinsätzen oder in Gefangenschaft verlor Markgröningen insgesamt 204 „Söhne der Stadt“, doppelt so viele wie im Ersten Weltkrieg. Dem Artilleriebeschuss fiel eine Frau und ihre Tochter zum Opfer. Nachwehen 1948 erstellte die Stadtverwaltung einen bitteren Rückblick auf die NS-Ära und verzeichnete die kriegsbedingten Schäden und Verluste (PDF). Die letzten Kriegsgefangenen sollten erst gegen Ende der 1950er Jahre nach Markgröningen zurückkehren. Diese Seite ist noch im Entstehungsprozess. Geschichte von 1919 bis 1945 |
![]() Markgröningen 1924 (von Südwesten) mit der Seide, dem ersten Industriebetrieb (heute Mahle) Die noch komplett erhaltenen Wirtschaftsgebäude des Spitals waren großteils verpachtet Der 1926 erstmals auftretende Schäfertanz mit Vortänzer Karl Hetterich vor dem Schloss Brandplatz am Saitenbrunnen 1927 Arbeiter-Sportverein um 1930 Nazis um Ortsgruppenleiter Wilhelm Schmückle (3. v.l.) im Festzug des Schäferlaufs (nach 1933) Marktplatz während des Schäferlaufs (um 1940) Hitlergruß auf dem Stoppelfeld Französische Kriegsgefangene im April 1941 Von Tieffliegern attackierte und ausgebrannte Waggons, 1945 abgestellt im Bahnhof Die Spitalmühle – 1945 ein Ort des Grauens Geschichte von 1919 bis 19 |