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Pulverdingen

Pulverdingen

Pulverdingen 1590 nördlich vom Pulverdinger Holz
Bild: Georg Gadner,
Quelle: Hauptstaatsarchiv S

Pulverdinger Holz

„Pulferdingerhoff”, Burgstall der Dauseck und benachbarte Wüstung auf der gesüdeten Forstkarte 158 von 1682
Bild: Andreas Kieser, Quelle: Landesmedienzentrum BW

Pulverdinger Hof

„Pulverdingerhof” auf der Flurkarte von 1831
Quelle: Staatsarchiv LB

Dauseck

Grenzstein Nr. 12 der württembergischen Jagd im Unteren Pulverdinger Holz
Bild: Peter Fendrich 2020

Pulverdingen und Pulverdinger Hof:
Eine andernorts wiederbelebte Wüstung?

Die erste urkundliche Nennung von „Borveltingin“ stammt von 1147, soll aber eine Fälschung sein, 1152 erscheint der Freie „Adelbertus de Burfeldingen“ hingegen gesichert. 1160 wird er nochmals in einer Urkunde von Bischof Günther von Speyer zusammen mit überwiegend benachbarten Freien und Ministerialen genannt: „Wolfram scilicet de Winisberg (Weinsberg), Adelbreth de Burfultingin (Pulverdingen), Sigewart de Uraha (Aurich), Cunrat de Nuzdorf (Nußdorf), Cunrat de Lomersheim, Wernhere de Russewag (Roßwag), Cunrat de Ammera, Cunrat de Remichingin (Remmigheim), Heinrich de Wihingin, Wortwin de Wihingin (Enzweihingen).“ Die drei letztgenannten waren Ministeriale des Grafen Egino von Vaihingen. Dass sich ein Geschlecht von Freiherren nach Pulverdingen benannt hat, lässt ebenso wie die überlieferte eigene Markung den Schluss zu, dass der Ort im Hochmittelalter größer war und einen Adelssitz hatte. Dessen Standort ist zwar nicht überliefert, stimmt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Burg Dauseck an der Westspitze der Unterriexinger Markung überein.
Im 12. Jahrhundert hatten allerdings auch Konrad von Altheim und Ulrich von Höfingen Besitz in Pulverdingen, den sie Kloster Hirsau vermachten. An dasselbe Kloster vergab ein „Hildebrant de Burbeltingen“ derzeit „Besitzungen“ in Bietigheim. Über das weitere Schicksal des Ortsadels herrscht Unklarheit. Möglicherweise war der 1239 in einer Stiftungsurkunde seiner Schwester Betta aufgeführte Albert Burveltinger ein Nachfahre dieses Geschlechts und Ministerialer des Grafen Konrad I. von Vaihingen. Um 1304 stiftete „Ludwig von Bulvertingen“ dem Katharinenspital in Esslingen Güter in Vöhingen.
1413 wurden die Herren von Burveltingen letztmals in einem „Vergleich in geistlichen Sachen” zwischen dem Deutschen Orden, der 1348 Rechte der Grafen von Vaihingen erworben hatte, und den Grafen von Wirtemberg erwähnt. Dabei ging es unter anderem um eine Kapelle in Pulverdingen.
Um 1480 ließ Graf Eberhard im Bart die Fernstraße (heutige B10) von Stammheim über Grüningen verlegen. Von dort führte die „Graf-Eberhard-Straße” zur Domäne Pulverdinger Hof und mündete dahinter wieder in die vorherige Straße, die bereits die Römer angelegt haben sollen.

Standortverlagerung nach Wüstung?
1537 hat das einst selbstständige und vermutlich im Dreißigjährigen Krieg wüst gefallene Dorf noch existiert, was ein Strafprozess gegen „Jörg Schuchmacher aus Pulverdingen“ belegt. Bei der Schlichtung eines Streits der Freiherren von Münchingen, von Nippenburg und von Hemmingen um das niedere Jagdrecht wurde Pulverdingen 1598 noch mit eigener Markung aufgeführt.
1590 lokalisierte der bereits recht zuverlässig arbeitende Kartograph Georg Gadner das Dorf statt im Süden an der Nordwestspitze des Unteren Pulverdinger Holzes, wo Andreas Kieser 1682 eine Wüstung bei der ehemaligen Burg Dauseck verzeichnete (siehe Karten links). Südlich vom Wald zeichnete Kieser nur die württembergische Domäne „Pulferdingerhoff” ein.

Nach der Schlacht bei Nördlingen wurde der Pulverdinger Hof laut Bilfingers Belagerungschronik am 6. Dezember 1634 um zwei Uhr morgens von kaiserlichem Fußvolk eingeäschert. Am 12. Dezember 1634 ließ der Asperger Festungskommandant unter Zeugen eine Truhe des „Mayers“ vom Pulverdinger Hof aufbrechen und die darin gefundene Summe von über 1000 Gulden unter seinen Soldaten verteilen.

Nach der Wüstung des Dorfes Pulverdingen und der Aufteilung seiner Markung zwischen Unterriexingen, Grüningen und Enzweihingen wurde im 18. Jahrhundert die Neugründung des Ortes bei der wiederaufgebauten Domäne südlich des Pulverdinger Holzes beschlossen.

Pulverdingen

Barocke Inschrift an einem Ökonomiegebäude des Meierhofs:
„Spes alit agricolas.
Dies Gebäu haben erbaut Johann Georg Siglen aus Kornwestheim und seine Hausfrau Anna Maria, eine gebohrne Schmiden von Hemmengen.
Si tanta in exilio, quanta in patria.
Anno 1767″
Bild: Peter Fendrich 2015

Die württembergische Domäne, die zeitweise insbesondere der Schäferei diente, war bei Grüninger Bauern traditionell nicht gut gelitten, weil die herrschaftlichen Schäfer des Öfteren Schäden auf ihren Äckern anrichteten. Im Zuge der 1751 begonnenen Flurbereinigung des großteils brach liegenden Grüninger „Außfelds“ westlich der Glems musste die Oberamtsstadt zudem Flächen für eine neue Pulverdinger Markung abtreten.
Wie beabsichtigt hat sich danach aus der vor 1682 restaurierten Domäne Pulverdinger Hof der Weiler Pulverdingen entwickelt – 1856 mit sechs großen Gehöften neben der Domäne, die von einem „Hofmeier” verwaltet wurde. An einen dieser Meier erinnert eine Inschrift von 1767 an einem Ökonomiegebäude von Johann Georg Sigle aus Kornwestheim und Anna Maria Schmid aus Hemmingen. Anstatt auszuwandern, hatten sie sich offenbar für den Meierhof anwerben lassen, wie der Spruch „Si tanta in exilio, quanta in patria” nahelegt.

 1856 hatte Pulverdingen zwar eine eigene Schule, an der ein Lehrer unterrichtete, zur selbständigen Gemeinde hatte es allerdings nicht gereicht. In der Oberamtsbeschreibung von 1856 findet man Pulverdingen als Ortsteil Enzweihingens.

Zeitgeschichte
Seit der Eingemeindung Enzweihingens 1971 gehört Pulverdingen zu Vaihingen an der Enz. In den 1960er Jahren wurde südöstlich von Pulverdingen ein 110-kV-Umspannwerk errichtet, das Anfang der 1970er Jahre um eine 380/220-kV-Freiluftschaltanlage ergänzt wurde. Seitdem steht das Markgröninger „Außfeld” voller Strommasten.
1986 wurde mit dem Bau des 1878 Meter langen Pulverdinger Tunnels für die 1993 eingeweihte Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart begonnen. Am 22. August 2010 blieb ein ICE aufgrund eines Motorschadens im Pulverdinger Tunnel liegen.

Pulverdinger Hof

„Pulferdingerhoff” im Forstlagerbuch von 1682
Bild: Andreas Kieser, Quelle: HStA Stuttgart

Pulverdingen

Pulverdingen 1983 von Südwesten (Ausschnitt)
Bild: Erich Merkler

Pulverdingen

Nordrand von Pulverdingen 2015
Bild: Peter Fendrich

Pulverdingen

Pulverdinger Hauptstraße 2015 von Westen
Bild: Peter Fendrich

Pulverdingen

Pulverdinger Hof 1 von Süden
Bild: Peter Fendrich 2015

Pulverdingen

Aufgegebenes Gehöft 2015 in Pulverdingen
Bild: Peter Fendrich

Umspannwerk

Umspannwerk bei Pulverdingen von Nordwesten
Bild: Peter Fendrich 2015