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– Erhaltene Gründungsinschrift – nach dem Abriss im Alten Schulhaus angebracht Stellungnahme Krinns von 1937 (PDF) |
Hardt- und Schönbühlhof: Um 1751 ließ das Amt Gröningen das seit dem Dreißigjährigen Krieg verwahrloste „Aussfeld“ westlich der Glems zur Rekultivierung und Wiederbesiedlung vermessen. Um die Bewirtschaftung der ortsfernen Flächen zu erleichtern, wollte man abgegangene Weiler wiederbeleben. Neben Talhausen, Aichholz und Pulverdinger Hof wählte man einen Standort an der Fernstraße (B10) südlich vom ehemaligen Böhringen. 1760 errichteten Johannes und Appolonia Schettler aus Schwieberdingen den ersten Hof auf dem Schwieberdinger Gewann „Hardt“, in den schließlich auch Appolonias Schwester Sophie mit Familie einzog. Allein auf sich gestellt hatten es die beiden Gründerfamilien des Hardt-Schönbühlhofs mit sechs und acht Kindern anfangs offenbar sehr schwer. Die Bodenfruchtbarkeit ließ hier zu wünschen übrig, und die Fernstraße bot weniger Zusatzverdienst durch Spanndienste als erhofft. So klagte Schettler in Schwieberdingen, er wolle lieber sterben, „als in solchem Elend mit seinem Weibe zu leben”. Doch es gab kein Zurück. Erst zehn Jahre später kamen drei Markgröninger Aussiedlerfamilien hinzu, darunter eine weitere Schwester Appolonias, die den Grundstein für den Schönbühlhof auf dem in der „Aussfeldkarte“ von 1752 als „Gewann Schönbühl“ ausgewiesenen Grund der Spitalstiftung legten. Benannt nach dem östlich angrenzenden „Schönbühl“, vermutlich einst ein keltischer Grabhügel. Der Name Schönbühlhof setzte sich im Volksmund allerdings nicht richtig durch. Auch in Markgröningen spricht man meist vom „Hardthof“, bis ins 20. Jahrhundert wurde er hier auch „Appeleshof“ genannt – nach der Mitgründerin mit dem auffälligen Vornamen Appolonia. Anfangs kam die Besiedlung nicht richtig in Schwung, weil sich weiterhin viele verarmte Familien, geworben insbesondere von englischen und preußischen Agenten, für die Auswanderung nach Amerika, Preußen oder Osteuropa entschieden. Auch einige „Höfer“ wanderten wieder ab. Zusätzliche Siedler kamen schließlich nicht nur von den Muttergemeinden, sondern auch von Tamm, Münchingen und Hochdorf sowie von den außerhalb des Amtsbezirks gelegenen Gemeinden Eltingen und Heimerdingen. Ihre Kinder mussten anfangs in die Schule der Amtstadt Grüningen gehen und dafür einen Fußmarsch von 4,5 Kilometern hin und zurück auf sich nehmen. Nach zähem Ringen erhielten die Höfer 1800 die Erlaubnis, auf eigene Kosten vor Ort für den Unterricht zu sorgen. Mangels Schulhaus anfangs in privaten Stuben, ab 1818 in einer extra eingerichteten Schulstube, ab 1842 in einem kleinen Schulhaus mit Lehrerwohnung, das 1935 durch ein größeres ersetzt wurde. Im Auftrag von NSDAP-Kreisleiter Otto Trefz zitierte der Kreisamtsleiter für Kommunalpolitik im Januar 1937 Anwalt Ludwig Wagner auf das Bürgermeisteramt in Schwieberdingen, um ihm unter strengstem Stillschweigen zu eröffnen, dass der Schönbühlhof nach Schwieberdingen eingemeindet werden solle. Denn die Markgröninger Stadtverwaltung sollte von dem Vorhaben vorerst nichts erfahren. Nachdem Wagner doch noch deren Bürgermeister Ludwig Krinn informiert hatte, setzte dieser im Juni 1937 eine dezidierte Stellungnahme ans Landratsamt auf [PDF]. Darin analysierte er die örtlichen Verhältnisse und stellte fest, dass im Zuge einer Vereinigung mehr für die Eingemeindung des Hardthofs nach Markgröningen spreche als umgekehrt. Damit erreichte Krinn, dass der Status quo mit zwei Muttergemeinden erhalten blieb. Auch die Kreis- und Gemeindereform der 1970er Jahre ließ ihn unangetastet. |
![]() 1752 flurbereinigtes Aussfeld westlich der Glems Schönbühl- und Hardthof 1831 auf der Urflurkarte Ansichtskarte von 1915 mit Schule und Gasthaus |
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![]() Gerhard Gutscher, Bauer und Fotograf, hat das Landleben der Höfer kunstvoll dokumentiert. Etliche Motive finden sich in der Galerie Land und Leute Mit dem Ochsengespann auf dem Weg zum Hof Die Feuerwehr stellt alljährlich einen Maibaum auf Literatur:
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Hardthof mit Maibaum von Norden. Bild: Peter Fendrich (2017) Besiedlung des Hardt-Schönbühlhofs 1834 und 1985 1813 verzeichnete Band 13 der Neuesten Völker- und Länderkunde für den Schönbühlhof 79 Einwohner; der Harthof war bei Schwieberdingen subsummiert. Mit zunehmender Einwohnerzahl wurde das Wasser immer öfter knapp. 1892 feierte man die Installation eines vom Hummelbrunnen gespeisten Wasserwerks im Rahmen eines „Wasserfestes”. Die Freude sollte allerdings nicht lange währen. In Trockenperioden mussten die Höfer bald wieder Wasser aus den Nachbarorten herfahren, bis ihr Weiler 1909 an die Strohgäuwasserversorgung angeschlossen wurde. Von 1880 bis 1912 wurden 19 Bauernhöfe neu erstellt. Die Einwohnerzahl nahm jedoch langsamer zu. 1872 hatte der Hof 122 Einwohner, 1893 waren es 169, 1922 zählte man genau 200. Heute sind es rund 330 Einwohner. Bis auf einen Wirt und einen Tagelöhner waren 1937 alle Familien in der Landwirtschaft tätig. Nach dem Krieg wurden es kontinuierlich weniger Haupterwerbslandwirte. Der in den 1950er Jahren schnell zunehmende Verkehr auf der mitten durch den Ort verlaufenden Bundesstraße 10 drohte den Weiler zu teilen. Die Bauern kamen mit ihren Fuhrwerken kaum mehr aus ihren Höfen heraus. 1957 wurde zur großen Erleichterung der Höfer die Umgehung der B 10 eingeweiht. 1999 wurde die kreuzungsfreie Einfahrt auf die Umgehung in Richtung Stuttgart eingeweiht. Die Höfer pflegen eine eigenständige gemeinsame Identität und sind stolz auf ihre 1899 gegründete Feuerwehr, die das Leben im Flecken kulturell bereichert. Die Interessen des Weilers gegenüber seinen beiden Muttergemeinden vertrat ein von den Höfern gewählter Anwalt, der Versammlungen abhalten musste und in den Gemeinderäten vertreten war. Obwohl die heutige Gemeindeordnung keine Anwälte mehr vorsieht, wurde hier die Funktion im Rahmen eines 2014 gegründeten Zweckverbands beibehalten, allerdings ohne Sitz im Gemeinderat. |
![]() 1935 erbautes Schulhaus um 1940 Hardt-Schönbühlhof von Südwesten 1983. Im Hintergrund Schotterwerk und Umspannwerk Hardt-Schönbühlhof vor Markgröningen um 1980 Feuerwehrmagazin und ehemaliges Schulhaus Gespiegeltes Doppelgehöft jeweils mit Stall im EG und rückwärtiger Scheune
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