Ernst Gentner um 1900. Der in die USA ausgewanderte Bäcker kaufte die Krone 1920 und holte 1924 seine Familie nach.
Bild: Alex Osswald (Ausschnitt)
Rot markiert ist der Gebäudebestand von „Ernst Gentner, Bäcker in Amerika” (Ausschnitt aus dem Baugesuch Renczes vom Juli 1924)
Quelle: Marianne Hackenbruch
Auffällig hohe Geschosse, insbesondere im 1. DG
Bild: Friedrich Eitel 1961
Keller der Krone, 1985 in den EG-Grundriss skizziert
Bild: Hermann Klotz (retuschierter Ausschnitt)
Vorstand des Kleintierzuchtvereins 1969 in der Krone: Bernhard Breitenbach (Schriftführer), Arnold Kern (Kassierer), Hermann Klotz (1. Vors.) und Fritz Zibold (2. Vors.)
Quelle: Festschrift des Kleintierzuchtvereins 1985
Erich Maulick bewirtschaftete die Krone ab 1967 und erwarb sie 1992
Bild: Helmut Hermann
LIteratur:
Petra Schad: Gasthäuser – Brennpunkte des gesellschaftl. Lebens. Zur Geschichte der Krone und des Treuen Bartel. In: Durch die Stadtbrille 8/2004, S. 43-58 [PDF]
Kleintierzuchtverein: Festschrift anläßlich der Einweihung der Gemeinschaftszuchtanlage 1985 [PDF]
Urkunde und Galerie zum
Sanierungspreis 2024 [PDF]
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Die gemäß § 28 denkmalgeschützte „Krone“ zählt zu den ältesten erhaltenen Profanbauten in Markgröningen. Eine dendrochronologische Untersuchung des Dachstuhls ergab eine Fällzeit im Winter 1427/28. Damit ist das Gebäude Marktplatz 13 älter als das dendrochronologisch auf 1440/41 datierte Rathaus. Auffallend ist der sich von Süden nach Norden stark verjüngende polygonale Grundriss des Gebäudes, dessen Platzierung das zuvor wohl auf den Marktplatz ausstreichende Gerbergässle am Nordende zu einem Rechtsschwenk zwingt (siehe Lageplan links). Demnach könnte dieser Bauplatz für ein privilegiertes Bauvorhaben freigegeben und seine östliche Baulinie korrespondierend mit der Planung für ein neues Rathaus festgelegt worden sein. Das dreiseitig freistehende Gebäude hat drei Vollgeschosse, zwei Dachgeschosse und einen Spitzboden. Alle Geschosse und insbesondere das erste Dachgeschoss (etwa 3,80 m lichte Höhe) sind für ein privates Gebäude aus dem 15. Jahrhundert außergewöhnlich hoch (siehe Aufriss links u. Foto rechts). Außer den Geschosshöhen legen weitere Indizien eine ursprüngliche Konzeption als Kaufhaus – möglicherweise mit Ballenlager im 1. DG – nahe: der exquisit eingeräumte Standort am Marktplatz, der zinsfreie Status des Bauplatzes (von der Grundsteuer befreit) und der sich einst über die komplette Hausbreite erstreckende Saal im 1. OG. Demnach wäre die Krone nicht nur optisch, sondern auch funktional eine kleine Schwester des Rathauses, dessen EG und 1. OG anfangs ebenfalls als Kaufhallen dienten. Als möglicher Erbauer käme der derzeit schwerreiche Kaufmann Heinrich Volland I. in Betracht, was allerdings nicht zu belegen ist.
Mindestens seit dem 18. Jahrhundert galt die Krone hingegen als „traditionelle Schäferherberge“, was durch ein erhaben geschnitztes Schaf am Gebälk an der südöstlichen Gebäudeecke und ein 1835 erstmals erwähntes Schäferlaufgemälde des „Schäfervereins“ (Nachfolger der aufgelösten Zunft) über dem Portal unterstrichen worden sei. Das vermutlich bauzeitliche Schnitzwerk könnte aber auch den Wollhandel symbolisiert haben.
Denn dass das Gebäude von Anfang an als Gastwirtschaft diente, ist nicht belegbar. Bis um 1700 ist kein Wirt überliefert, der mit Marktplatz 13 in Verbindung gebracht werden kann. Zudem wurde laut Steuerbuch die Bezeichnung „zur Krone“ in den 1700er Jahren vom „leeren Platz, worauf vorhin die Cronenwürths Herberg gestanden” und 1714 das Haus Ostergasse 1 erstellt wurde, auf Marktplatz 13 übertragen. Vermutlich durch den 1705 verstorbenen Christian Hamm oder durch seine „Spitalmeisters und Cronenwirths allhier hinterlassene Wittib” Marie Sophie, geb. Barsch. Sicher ist, dass Hans Jerg Richt aus Kornwestheim, der 1703 eine verwitwete Erbin Hamms geheiratet hatte, Marktplatz 13 zusammen mit seinem 1714 ausgezahlten Bruder Leonhard als Kronenwirt bewirtschaftete und 1715 auch die Anteile seines Schwagers an dem Anwesen erwarb. 1719 verkaufte der mehrfach wegen Misshandlung von Frau und Gesinde bestrafte Richt die Krone samt Nebengebäuden an den Rotgerber Hans Bernhard Trautwein.
Die aktuelle Gastronomiefläche beträgt 177 qm, die aktuelle Wohnfläche etwa 350 qm. Das Erdgeschoss ist an der Ostfassade etwa 14 Meter, an der Südfassade etwa 12,5 Meter und an der Nordfassade etwa 7 Meter breit. Darunter befinden sich zwei Keller: Der größere, etwa 5,40 Meter breite bauzeitliche Gewölbekeller erstreckt sich über die gesamte südliche Haushälfte und war bis 1964 über einen Kellerhals von der Ostseite erschlossen. Der kleinere, etwa 3 Meter breite Keller ist um 1,65 Meter nach Norden versetzt, liegt etwa 0,80 Meter höher und ist über eine Durchgangstreppe mit dem größeren verbunden. Er wurde im Laufe der Zeit in drei Richtungen erweitert: nach Westen und Süden zum Einbau von Kühlräumen, nach Norden wurde ein drei Meter langer Gang zu einem Bieraufzug unter dem Erker angelegt (siehe Skizze links). Der Gastraum im Erdgeschoss war früher zweigeteilt. Links vom Eingang war das Nebenzimmer, durch den der Kellerhals verlief, der von innen durch eine Falltür zugänglich war. Die bestehende Kellertreppe wurde erst später eingebaut. Im 1. Obergeschoss erstreckte sich das heutige Nebenzimmer über die komplette Hausbreite bis in den eingeschossigen Erker an der Nordseite und diente unter anderem als Tanzsaal. Darüber waren die Wohnung der Wirtsfamilie, Fremdenzimmer und schließlich ein Fruchtboden.
1889 gehörten zur Krone eine Brauerei und Stallungen am Schollengässle (heute Gerbergässle), eine an die Südwand des Gasthauses zum Bären stoßende Scheuer (heute Teil des erweiterten Bären) und der Eiskeller unter dem Benzberg.
Zahlreiche Betreiberwechsel im 19. Jahrhundert lassen darauf schließen, dass die Gaststätte mit eigener Brauerei nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Das lag einerseits an der außergewöhnlich großen Zahl örtlicher Schankbetriebe und andererseits an der Konkurrenz durch die expandierenden Stuttgarter Großbrauereien, die den Markt im Umland mehr und mehr dominierten. Anstatt das 1889 von Ernst Winters Erben erworbene Gasthaus und die Brauerei zu modernisieren, entschloss sich Adolf Hahn deshalb 1896, die Krone für 32.000 Mark an die Aktienbrauerei Wulle in Stuttgart zu verkaufen. Diese legte die Brauerei still und richtete eine von Hahn als Pächter betriebene „Bierniederlage” ein, die auch andere Schankbetriebe belieferte. Ob dafür noch der Eiskeller unterm Benzberg betrieben oder neben dem Bier auch schon das für dessen Kühlung benötigte Eis aus Stuttgart geliefert wurde, war bislang nicht zu klären.
Nach dem Ersten Weltkrieg verlor Wulle das Interesse an seiner Bierniederlage in Markgröningen und verkaufte den 1889 beschriebenen Gebäudekomplex 1920 an Ernst Gentner, der 1880 in Markgröningen geboren wurde, 1903 nach Jersey City (USA) auswanderte, 1910 in Malmsheim Anna Maria Widmaier (∗1886) heiratete und 1924 mit Gattin und Sohn Willi (∗1914 in Jersey City) wieder in Markgröningen sesshaft wurde und die Krone nun selbst bewirtschaftete. Zuvor hatte er der Krone ein neues Gesicht verpasst, das an der Ost- und Nordfassade auskragende Fachwerk wieder vom Putz befreit und an der Nordostecke einen stattlichen Ausleger mit vergoldeter Krone anbringen lassen (siehe Bild von 1924). Nach Gentners Ableben im August 1936 verblieb die Krone bis 1960 zwar im Familienbesitz. Da Sohn Willi 1934 wieder nach Amerika gezogen war, übertrug Gentners Witwe den Gastronomiebetrieb jedoch an Pächter (1936 ist Gottlieb Haspel, 1951 ist Willy Lehnert im Adressbuch verzeichnet) und wechselte von Wulle zu Bürger- und Engelbräu Memmingen.
Ab 1955 war die Krone geschlossen. Gentners Erben konnten die ab 1956 in Angriff genommene Sanierung allerdings nicht refinanzieren und mussten das farblich an das Rathaus angepasste Haus samt Brauerei und Scheuer verkaufen. Die Scheuer mit Stallung erwarb Nachbar Reinhold Bentz vom Gasthaus zum Bären, Gasthaus und Brauerei der ortsansässige Architekt Friedrich Eitel, der das Gebäude ab 1961 zu einem 40-Betten-Hotel mit Kellerbar umbauen und an Kurt Clauß, der bislang die zum Abbruch bestimmte Post bewirtschaftet hatte, verpachten wollte (siehe Anzeige unten). Doch obwohl Eitel seine weitreichenden Umbaupläne nur teilweise umsetzte, musste er 1963 Konkurs anmelden.
Da sich laut Hermann Klotz zunächst nur zwei „sehr dubiose Interessenten” gemeldet hatten, „die das altehrwürdige unter Denkmalschutz stehende Gebäude zweckentfremden wollten”, beschloss der Gemeinderat, der bereits anberaumten Zwangsversteigerung zuvorzukommen und einen seriösen Käufer finanziell zu unterstützen, sofern er gewährleiste, dass die Traditionsgaststätte „sauber und bürgerlich geführt und verwaltet” würde. Als solcher sollte sich der Kleintierzuchtverein entpuppen, der das stadtbildprägende Gebäude samt ehemaliger Brauerei im Februar 1964 erwarb und eine erneute Sanierung und diverse Umbauten mit viel Eigenleistung noch vor dem Schäferlauf im selben Jahr abschließen konnte. Die Bauleitung hatte ihr Vorsitzender und Stuttgarter Baurat Hermann Klotz übernommen. Die von Eitel eingesetzten Dachfenster ließ Klotz durch Gauben ersetzen und die Biberschwanz-Dachdeckung samt Verwahrungen und Fallrohren erneuern. In den Wohnungen und Fremdenzimmern wurden sechs Wannenbäder und eine Dusche installiert. Im Erdgeschoss ließ Klotz, wie bereits von Eitel geplant, den Kellerhals entfernen und größere Fenster einbauen. Im Zuge der vorangegangenen Sanierungen hatten Gentners Erben 1956 an der Nordfassade bereits zwei Fenster im 2. OG und Eitel das linke Fenster im 1. OG entfernen lassen. Die Fensterläden erschienen offenbar ebenso obsolet.
Außerdem erhielten die Gasträume 1964 neue Bodenbeläge und Wandvertäfelungen, und im Keller wurde ein ölbefeuerter Kessel samt Tank für eine Zentralheizung eingerichtet. 1989 kam ein vom Gerbergässle aus zu beschickender Lastenaufzug hinzu. Bei dessen Einbau wurde im Kellerboden eine grundwasserführende Schicht angeschnitten.
Seit der Neueröffnung 1964 wird in der Krone Stuttgarter Hofbräu ausgeschenkt. Nachdem der Kleintierzuchtverein am Asperger Weg ein neues Vereinsheim mit Gemeinschaftszuchtanlage erstellt hatte, verkaufte er die Krone 1992 an Erich und Emilie Maulick, die sie seit 1967 erfolgreich als Pächter bewirtschaftet hatten. Besonders profitiert haben die Betreiber von der zum Stadtjubiläum 1979 erfolgten Umgestaltung des Marktplatzes zur Fußgängerzone, der die Bewirtschaftung eines stark vergrößerten Außenbereichs um die neu angelegte Bauminsel mit einer Linde ermöglichte. Für eine weitere Renovierung der Krone und die Erneuerung der ehemaligen Brauerei erhielt Familie Maulick den 1998 erstmals von der Stadt und dem Arbeitskreis Geschichtsforschung, Heimat- und Denkmalpflege ausgelobten Sanierungspreis.
2016 erwarben Rainer und Renate Gessler die Krone und starteten 2022 die 2024 abgeschlossene Sanierung von Fassade und Dachdeckung sowie von Treppenhaus, Wohnungseingangstüren, Bädern, Heizung (Nahwärmeanschluss), Elektro- und Wasserinstallationen. Die Ölheizung wurde durch einen Nahwärmeanschluss ersetzt, die von Eitel angebrachte Leuchtreklame auf energiesparende LEDs umgestellt.
Für diese umfangreichen Maßnahmen erhielten Rainer und Renate Gessler einen Zuschuss von der Städtebauförderung und wurden am Tag des offenen Denkmals 2024 ebenfalls mit dem Sanierungspreis von Stadt und AGD Markgröningen ausgezeichnet. Dabei überraschte Gessler mit der Idee, ein Replikat des nach der Renovierung von 1956 verschollenen Schäferlaufbildes erstellen zu lassen, um es wieder über dem Portal anzubringen. Höhere Priorität hätte allerdings eine traditionsgemäße Gestaltung der Gasträume und ein Appell an den Pächter verdient, die Krone nicht mehr „Hermes” zu nennen.
Peter Fendrich
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Gasthaus zur Krone von Marktplatz 7
Bild: Peter Fendrich 2019
Viel Luft über dem Fensterband im 1. DG
Bild: Peter Fendrich
Krone und Bären um 1905
Quelle: Landesbildstelle
Dieses Gemälde war 1956 noch über dem Portal der „Schäferherberge“ angebracht
Bild: Rolf Hackenbruch
Renovierte Krone 1924 mit Gasthausausleger
Quelle: Staatsarchiv LB
Krone um 1955 mit allen Nordfenstern
Bild: Erhard Lenk
Krone nach dem Umbau 1964 ohne Kellerhals
Bild: Erwin Balmer
Frühschoppen während des Wochenmarkts
Bild: Helmut Hermann,1991
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