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Marktplatz 2 um 1866 vor dem Umbau zur Gastwirtschaft (Ausschnitt) Grundriss bis 1879 mit Toren nach Süden und Osten und Durchfahrt zur Scheune Die mumifizierte Katze wurde bei der Restaurierung im Zwischenboden gefunden. Sie diente als Bauopfer Broschüre zur Renovierung des Ratstübles: Unter Dielen, Putz und Aktenstaub verborgen … Eine Markgröninger Haus- und Restaurierungsgeschichte. Hg.: Stadt Markgröningen 2001 Herrenküferei und Ratstüble |
Herrenküferei Laut dendrochronologischem Befund stammen die ältesten Hölzer des Gebäudes von 1414. Damit ist es das älteste erhaltene Haus am Marktplatz, gefolgt von Krone und Rathaus. Bauherr war vermutlich ein Mitglied der Familie Volland, denn ein „Folland“ wurde bereits 1402 im Lagerbuch des Esslinger Katharinenspitals als Nachbar dessen zinspflichtigen Hauses auf dem Grundstück Schlossgasse 1 genannt. Auf einen Vorgängerbau weist laut Bauforscher Johannes Gromer (1986) außerdem ein Teil der Kelleranlage hin. 1448 wurde ein „Feder Jörg“ als Besitzer genannt, der vermutlich Federer von Beruf war und identisch mit dem in der Steuerliste von 1448 aufgeführten Jörg Volland sein könnte. 1474 war das Anwesen im Besitz von Conrat Volland. 1523 hatte es Conrat Sommerhart, Angehöriger des Gerichts mit reichlich Grundbesitz und möglicherweise ein Enkel von Conrat Volland. Metzgerei 1573 war das Anwesen im Besitz von Burkhart Wimpelin, Metzger und Bürgermeister. 1604 errichtete sein Enkel Jakob Wimpelin (Initialen IV und Jahreszahl an der ehemaligen Nordost-Ecke des Hauses) den Anbau über der Durchfahrt zur rückwärtigen Scheune. Im Erdgeschoss war ursprünglich eine zum Marktplatz offene Verkaufslaube untergebracht, die in späterer Zeit geschlossen und durch einen „Oehrn“ mit wagenbreiter Zufahrt von der Giebelseite ersetzt wurde. Vermutlich diente diese Halle als Kelter bzw. Bindhaus. Herrenküferei Denn 1742 erwarb der Herrenküfer Christoph Friedrich Haug das Anwesen. Der Herrenküfer kümmerte sich um den Unterhalt der herrschaftlichen Fässer in der Oberamtei (heute Helene-Lange-Gymnasium) und um das Keltergeschirr in beiden Keltern. Er war auch zuständig für die Ermittlung der zu versteuernden Weinmenge sowie für die Abführung der Steuer bei Weinverkäufen. Er verwaltete den landesherrlichen Wein. Einen wichtigen Beitrag zu seinem Lebensunterhalt lieferte jedoch das private Küfergewerbe und der Weinhandel. Diese Nebentätigkeiten waren erlaubt, sofern die Amtspflichten nicht vernachlässigt und die herrschaftlichen Gebäude und Geräte nicht dafür benutzt wurden. Das Gebäude Marktplatz 2 war 105 Jahre lang im Besitz mehrerer Markgröninger Herrenküferfamilien. Gastwirtschaft 1879 wurde in dem Gebäude erstmals eine Gastwirtschaft eingerichtet. Der neue Besitzer Gottlob Deißer nannte sie „Zum Kronprinzen” zu Ehren des späteren Königs Wilhelm II. von Württemberg. Die Schanklizenz durfte der Schmied, Weingärtner und Wirt von seiner bisherigen Bleibe in der Kirchgasse 20 mitnehmen. Auch wegen der starken gastronomischen Konkurrenz in Markgröningen wechselte der Gasthof von 1890 bis 1900 sechs mal den Besitzer: 1890 ging er an Vinzenz Haag, 1894 an Ernst Schwitzgäbele, 1896 an Katharina und Karl Ahorn und 1897 an Karl Schönstein. Als Vinzenz Haag ihn 1900 zum zweiten Mal erwarb, benannte er ihn in „Gasthof zur Traube“ um, weil der Kronprinz inzwischen König geworden war. 1905 übernahm Immanuel Kurtz die „Traube“, 1913 abgelöst durch Albert Mauk, der sie bis 1927 bewirtschaftete. Gotthilf und Anna Maria Löffler, die 1910 den „Goldenen Hahnen“ erworben hatten, kauften 1927 die Traube und benannten sie nach erfolgter Renovierung in „Gasthof zum Ratstüble“ um. Nachdem Gotthilf 1937 gestorben war, führte seine Witwe den Betrieb bis zum Alter von 68 Jahren weiter. 1942 bis 1952 bewirtschafteten Löfflers Tochter Martha und Gatte Karl Walter, Eltern von Bernhard Walter und Magdalene Weigel, das „Ratstüble”. Familie Walter verpachtete den Gasthof von 1952 bis 1955 an Albert Baumgärtner und verkaufte das Anwesen 1956 an Franz Götten, der die Gastwirtschaft bis 1961 betrieb. 1961 ging das „Ratstüble“ in den Besitz der Stadt Markgröningen über, die das Gebäude eigentlich auf Abbruch kaufte, um neben dem Rathaus einen „schmucken zeitgemäßen Neubau“ zu erstellen. Allein der angespannten Finanzlage der Stadt, die sich derzeit keinen Neubau leisten konnte, verdankte das Ratstüble, dass es dem Abbruch entging. Die rückwärtige Scheune wurde damals abgerissen. Der dazu gehörende Schuppen hinter Schlossgasse 1 blieb bestehen. Das „Gärtle“ hinter der Scheune hatte Götten an die Nachbarschaft verkauft. Der bislang zentral an der Giebelseite gelegene Zugang zur Gaststätte wurde schließlich in die ehemalige Durchfahrt zur Scheune verlegt, um den Gastraum zu vergrößern. Von 1961 bis 1993 wurde das Ratstüble von mehreren Pächtern weitergeführt. Nach einer notdürftigen Renovierung zogen 1973 Rainer und Albertine Steng als letzte Pächter ein. Da das Gebäudeinnere und insbesondere die Fremdenzimmer aber den gestiegenen Anforderungen nicht mehr genügten, wurde der Gasthof 1993 geschlossen und stand einige Jahre leer. Umbau und Sanierung Lange Zeit suchte die Stadt vergeblich nach einem Kaufinteressenten für das Sanierungsobjekt, um den markanten Bau neben dem Rathaus zu retten. Schließlich gründete die Stadt mit Ruth Farian eine Bauherrengemeinschaft. 1998 stimmte der Gemeinderat deren Planungen für die Sanierung der Gebäude Marktplatz 2 und Schlossgasse 1 zu. Dieses direkt anschließende Gebäude konnte während der Planungsphase erworben und in das Nutzungskonzept integriert werden. Architekt war Gerhard Schmid aus Markgröningen. Seit 2001 werden die miteinander verbundenen Gebäude Marktplatz 2 und Schlossgasse 1 als Restaurant mit Hotel unter dem Namen „Herrenküferei“ weitergeführt. Erster Pächter war Helmut Striffler, zuvor Ochsenwirt in Tamm. Von 2014 bis Ende 2020 leitete Sebastian Maier den Betrieb. Die Stadt ist bestrebt, den Gebäudekomplex zu verkaufen. |
![]() Ostfassade des 1927 renovierten Ratstübles Anwesen Marktplatz 2 mit Scheune und Garten (grün) auf der Flurkarte von 1832 (rot: Schlossgasse 1) Ratstüble 1959 mit Motiven zur Schäferlauf-Geschichte auf der Fassade (Maler: Manfred Rauschmaier) Ratstüble 1986 mit verlegtem Eingang Schuppen und Westfassade 1986 |
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Herrenküferei |