Literatur:
Vor- und Frühgeschichte im Kreis Ludwigsburg. Hg. v. Landkreis Ludwigsburg 1993, S. 286ff

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Geschichte bis 500. Vor- und Frühgeschichte von Grüningen und Umgebung

Vor- und Frühgeschichte:

Siedlungsgeschichte bis 500

Die Vor- und Frühgeschichte Markgröningens liegt noch weitgehend im Dunkeln. In einem weiter gefassten Kontext haben sich zuletzt Hermann Römer 1933, Oskar Paret 1934, Willi Müller in den 1960er Jahren und Eberhard Wagner 1993 mit Funden zur frühen Besiedlung rund um Grüningen befasst. Hilde Fendrich hat in der Stadtbrille 3/1987 [PDF] eine Nachlese zur Ausstellung „Flurgeschichte – Urgeschichte” veröffentlicht und zählt dabei etliche Fundstellen auf. Die zahlreichen Bodenfunde harren großteils einer wissenschaftlichen Aufarbeitung und orstspezifischen Auswertung. Insbesondere zur relativ dichten Besiedlung in keltischer und römischer Zeit bis hin zur alamannischen Landnahme.

Das älteste Fundstück aus Markgröningen ist ein über 200 Millionen Jahre alter Schädel eines Mastodonsaurus giganteus, der 1867 im Rotenacker gefunden wurde und seit 1985 im Naturkundemuseum in Stuttgart zu sehen ist. Mehr dazu von Lohar Buck in Stadtbrille 4/1989 [PDF].

Zwischen Lesesteinen am Rand seines Ackers im heute überbauten Gewann „Am Obern Thor“ fand Kreisbaumeister Otto Zibold Anfang der 1960er Jahre eine steinzeitliche Doppelaxt von herausragender Qualität. Das offenbar zusammen mit anderen störenden Steinen achtlos beiseite geräumte Artefakt legte er dem Württembergischen Landesmuseum vor, wo man
einen Gipsabdruck (WLM 59/59) und eine Zeichnung anfertigte (Abb. rechts), um es dann wieder dem Finder auszuhändigen. Heute wäre man froh, wenn man das aus dem seltenen Tiefengestein Serpentinit gefertigte Artefakt genauer untersuchen könnte, doch sein Verbleib ist leider unbekannt. Der Archäologe Wolfgang Löhlein hat den Fund in einem Aufsatz [PDF] so weit wie möglich aufgearbeitet und sich auf die Suche nach dem exquisiten Fundstück begeben.

Als das Baugebiet um Ludwig-Heyd-Straße und Hermann-Römer-Straße in den 1920er und 1930er Jahren erschlossen wurde, stieß man auf zahlreiche Relikte und Hockergräber einer jungsteinzeitlichen Siedlung der „Bandkeramiker” – die älteste bäuerliche Kultur in Mitteleuropa mit permanenten Siedlungen. Zahlreiche weitere Relikte dieser Kultur fanden sich auf den Äckern der Au zwischen Asperger und Tammer Straße.

An der Weggabelung von Unterriexinger Straße und Hosenberger Weg wurde unter einer Packung Muschelkalksteinen ein Skelett mit einem frühlatènezeitlichen Eisenschwert gefunden. An der Asperger Straße wurde ein Skelett mit eiserner Lanzenspitze aus derselben Zeit gefunden. Auf der Trasse der Ostumfahrung haben Werner Schmidt und seine Markgröninger Grabungshelfer 2005 südlich des Durchbruchs der Bahnlinie Siedlungsreste aus der frühen Latènezeit gefunden. Die Dimension dieser keltischen Siedlung aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. kann allerdings erst bei weiteren Grabungen im noch unbebauten Umfeld erschlossen werden. Aus keltischer Zeit sind auf der Markung von Markgröningen und Unterriexingen etliche Grabhügel belegt, die noch nicht untersucht wurden. Westlich vom Umspannwerk wurde 2022 eine keltische Viereckschanze entdeckt.

Gerhard Liebler hat den römischen Hortfund (siehe Bild) bei der in den 1850er Jahren entdeckten Villa rustica nordwestlich des Aichholzhofes in der Stadtbrille 2/1986 [PDF] ausführlich dargestellt und auf weitere römische Fundorte hingewiesen. Die relativ kurze römische Siedlungsphase bis ins 3. Jahrhundert nach Christus war durch große Einzelgehöfte geprägt. Funde weisen auf Standorte in der Au, bei der Quelle des Oberen Leudelbachs und am Rotenacker hin. Neuerdings stießen Archäologen westlich vom Umspannwerk auf eine weitere Villa rustica. Neben der Römerstraße unter der heutigen Bundestraße 10 kreuzten sich auf der Markung zwei weitere Römerstraßen. Eine verlief west-östlich auf dem Alten Vaihinger Weg von Enzweihingen in Richtung Waiblingen, die andere, „Sträßle” genannt, süd-nördlich über den Brennerenstich am Ostrand des Rotenackers entlang nach Bissingen. Um eine weitere Römerstraße könnte es sich bei der „Rainstraße” handeln, die vom Schäferweg an der Hangschulter des Glemstals entlang zu einer Wüstung an der südlichen Markungsgrenze führte und wegen des ausgreifenden Steinbruchs und durch den Bau der Schnellbahntrasse unterbrochen wurde.

Aus alemannischer und merowingerischer Zeit stammen zwei Reihengräberfelder an der Asperger Straße und – umfangreicher – im Süden des Stadtkerns zwischen Münchinger Straße, Hasengässle und Grabenstraße. Einige Gräber waren mit Grabbeigaben versehen: „Reste von Saxen und Spathen, Lanzenspitzen, Schleifstein und Orlöffel, Schildbuckel, bronzene und versilberte Riemenzungen, Schnallen, Nieten und Beschläge aus Bronze” (Eberhard Wagner, 1993).

 

Schädel des im Rotenacker gefundenen Fossils des Mastodonsaurus giganteus, der im Stuttgarter Naturkundemuseum ausgestellt ist.
Bild: Ghedoghedo, Wikimedia

Doppelaxt

Profile der steinzeitliche Doppelaxt von der Hardt
Quelle: Staatl. Amt für Denkmalpflege 1962

Relikte einer keltischen Siedlung an der Kreuzung von Ostumfahrung und Bahnstrecke
Bild: Roswitha Feil

Römische Funde

Hortfund von 1853 mit römischen Gefäßen beim römischen Gutshof nordwestlich vom Aichholzhof
Quelle: Hermann Römer